Der Mindestlohn und kein Ende...

Ich war hin und her gerissen: Schreibe ich eine Kolumne zu dem Thema oder nicht? Ich meine, schreibt man eine Kolumne zu dem Thema: Die Erde ist flach?

Fakt ist, Mindestlöhne sind zur Zeit in aller Munde: Die Lösung gegen Armut. Wer gegen Mindestlöhne ist, ist ein Arschloch. Ein egoistisches Schwein, dem das Leiden anderer Menschen egal ist, der nur seine eigenen Vorteile sieht usw. usf.

Ich gebe es also gleich am Anfang zu: Ich bin gegen Mindestlöhne. Wobei hier eigentlich zuerst gefragt werden müsste, was eigentlich das Ziel dieser sein soll. Wenn nämlich die Vergrößerung der Arbeitslosigkeit unter den Geringqualifizierten erreicht werden soll und die Ausdehnung der Bürokratie, dann sind Mindestlöhne schon (neben vielen anderen) der richtige Weg dorthin. Hat der Befürworter von Mindestlöhnen jedoch das Wohl der Schwächeren im Sinn, ist ein Mindestlohn in etwa so wirksam wie ein Aderlass bei Fieber.

Aber gut, dachte ich mir, schaust du dir doch einfach mal die Argumente der Befürworter an. Vielleicht wissen die ja mehr als du. Also stöberte ich ein wenig im Internet und fand dort z.B. die Seite www.mindestlohn.de oder einen Film - nur Argumente fand ich nicht.

Die Präsentation läuft quasi immer nach dem selben Schema ab: Es werden Personen vorgestellt, die einen geringen Lohn (Hungerlohn, Armutslohn, die bekannten äußerst objektiven und neutralen Bezeichnungen) erhalten. Meist erfolgt noch ein Hinweis auf die "Rekordgewinne deutscher Unternehmen." Damit sollte nun jedem Idioten (mir nicht, ich bin selbst dafür noch zu doof) die ungeheuerliche Ungerechtigkeit um die es sich handelt klar sein. Doch es gibt ja die Lösung: Mindestlohn! Damit ist die Argumentation beendet. Ok, ok, man versucht noch eine kleine logische Untermauerung über die "Erhöhung der Nachfrage"-These und widerlegt Kritiker die negative Folgen fürchten mit empirischen Belegen aus anderen Ländern. Aber das war's dann auch. Sorry, aber die Leute müssen mir geistig überlegen sein. Ich kann deren Ausführungen nicht folgen.

Deswegen hier - hoffentlich zusammengefasst - meine bescheidenen (höchstwahrscheinlich völlig falschen) Erkenntnisse:

1. Angebot - Nachfrage - Preis

Und wenn sich Marx im Grab rum dreht: Der Preis wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt und wirkt wiederum auf Angebot und Nachfrage zurück. Der Preis ist in der Marktwirtschaft ein Informationsinstrument, nach dem die Konsumenten und Produzenten von Waren ihre Handlungen orientieren.

Steigt der Preis ist dies ein Zeichen für eine Erhöhung der Nachfrage gegenüber dem Angebot (oder ein Sinken des Angebots gegenüber der Nachrage), was zum einen Menschen dazu bewegt ihre Nachfrage nach der Ware zu verringern und zum anderen Personen zur Produktion der Waren motiviert.

Andersherum: Sinkt der Preis ist dies ein Zeichen für eine Verringerung der Nachfrage gegenüber dem Angebot (oder ein Erhöhen des Angebots gegenüber der Nachfrage), was zum einen Menschen dazu bewegt, die Ware verstärkt nachzufragen und zum anderen Personen zur Aufgabe der Produktion der Waren zwingt.

Diese von keinem Menschen je erdachte Ordnung ist so wunderbar einfach und selbstregulierend, dass es eine wahre Freude ist (naja, zumindest für mich). Hier wird - ohne zentrale Planung - Überproduktion und Knappheit nahezu vermieden und langfristig finden immer mehr Wünsche der Menschen ihre Erfüllung (mal polemisch zusammengefasst).

Was passiert nun aber, wenn nun doch zentral geplant wird? Was geschieht bei Preisfestschreibungen, bei gesetzlichen Höchst- und Mindestpreisen?

Die Fragen lassen sich unter Beachtung des oben ausgeführten beantworten: Bei Höchstpreisen (meist von Regierungen festgelegt, wenn sie der Meinung sind die Marktpreise für z.B. Lebensmittel seien ja viel zu hoch und dürften höchsten diese oder jene Höhe aufweisen) die unter dem Marktpreis liegen, sinkt der Preis, was zum einen die Nachfrage erhöht, zum anderen aber das Angebot verringert. Die Folge ist Knappheit. An die nun knappen Güter kommt man jetzt nur noch über Beziehungen oder über den Schwarzmarkt, wo sie nun jedoch noch teuer sind als vor dem gesetzlichen Eingriff.

Und wie sieht es bei Mindestpreisen (meist von Regierungen festgelegt, die der Meinung sind, die Produzenten von z.B. Lebensmitteln bekommen nicht genug für ihre Waren), die über dem Marktpreis liegen, aus? Da der Preis steigt, geht die Nachfrage zurück, aber das Angebot vergrößert sich. Die Folge ist Überproduktion, die vom Staat durch Aufkäufe und folgender Vernichtung (oder Verkauf außerhalb des Wirtschaftsraumes, ganz weit weg) abgefangen werden muss: Kurz Verschwendung.

Beide Folgen (Verknappung und Verschwendung) würden auf dem unregulierten Markt zu Preisänderungen und damit zu einer Anpassung der Nachfrage und des Angebots führen, aber wenn den Preisen gesetzliche Grenzen gesetzt wurden...
Für genauere Informationen sei dem Leser jedes gute Volkswirtschaftlehrbuch empfohlen.

Da der Lohn der Preis für Arbeitsleistung ist und ein Mindestlohn also ein Mindestpreis darstellt, sind die Folgen dieses ein Überangebot an Arbeitskräften (Menschen, die sich zuvor wegen der Lohnhöhe für einen anderen Job entschieden hätten, streben nun auch in den "Niedriglohnsektor") und eine Mindernachfrage nach Arbeitskräften (Arbeitgeber, für die sich zu den geringen Löhnen die Anstellung gerade noch lohnte, stellen zu den höheren Löhnen nicht mehr ein). Die Folge dessen nennt man glaube ich Arbeitslosigkeit. Und auch hier muss der Staat das Mehrangebot abschöpfen, durch Arbeitslosenunterstützung z.B., ansonsten würden die Gesetze nämlich einfach unterlaufen: Schwarzarbeit. Das schafft aber zumindest Arbeitsplätze beim staatlichen Zoll (natürlich auf Kosten derer die so dumm sind legal zu arbeiten) und eine Unmenge an Bürokratie (dito).

Eigentlich hoffe ich, dass diese Darlegung im Prinzip verständlich ist und ich habe bis jetzt auch keine theoretische Widerlegung der selbigen gelesen oder gehört, dennoch: Der Mindestlohn wird gefeiert und herbeigewünscht mit den findigsten Begründungen. Hier die von mir gefundenen Argumente für den Mindestlohn mit meinen Kommentaren dazu:

2. "Der Mindestlohn erhöht die Nachfrage"

Keynes lässt grüßen. Davon abgesehen, dass man durch Konsum nicht wohlhabender wird: Die Gesamtnachfrage bleibt gleich. Wenn ein Unternehmen 100,- Euro einnimmt, 60,- Euro der böse Arbeitgeber behält und 40,- Euro der arme Arbeiter bekommt, kaufen beide später für zusammen 100,- Euro ein. Bei einem Mindestlohn mag sich das Verhältnis verschieben: Von den eingenommenen 100,- Euro mögen nun 50,- Euro an den Arbeiter gehen, so dass dieser jetzt für 10,- Euro mehr einkaufen kann. Dafür gibt der Arbeitgeber seinerseits 10,- Euro weniger aus, in der Summe wird also weiterhin nur für 100,- Euro nachgefragt.

Der Mindestlohn ist somit ein Umverteilungsinstrument, jedoch mit ungewissem Ergebnis. Er kann theoretisch vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer umverteilen. Ebenso kann aber der Arbeitgeber auch die Preise erhöhen und somit würde vom Kunden zum Arbeitnehmer umverteilt. Der Kunde hat dann seinerseits natürlich weniger im Portemonai, so dass er woanders nun weniger nachfragt. Senken nun die Anbieter dieser Waren ihre Preise, muss der konkrete Kunde eventuell seinen Wohlstand doch nicht einschränken, sondern eher der Unternehmer der von den Preissenkungen betroffenen Branchen. Können diese jedoch die Einnahmeausfälle auf ihre Arbeiter durch Lohnsenkungen abwälzen, wird eben fröhlich unter den Arbeitern umverteilt: Quasi von Arm zu etwas ärmer. Man kann es schieben wie man will, der Gesamtwohlstand wird durch Mindestlöhne nicht höher.

Im Gegenteil: Jeder (staatliche) Eingriff in den Markt verringert letztlich den Gesamtwohlstand und vor allem derjenigen denen durch den Mindestlohn angeblich geholfen werden soll. Denn entweder werden sie entlassen oder aber sie müssen ihre Produktivität der Lohnsteigerung anpassen. Wie das aussieht? Nun der Mindestlohn wird ja je Zeiteinheit festgelegt, also z.B. 8,- Euro die Stunde. Nehmen wir also der Einfachheit halber an eine Angestellte hat vor dem Mindestlohngesetz 4,- Euro die Stunde verdient und je Stunde 5 Kunden bedient, so darf sie mit Mindestlohn nun 10 Kunden bedienen. Es muss halt schneller gearbeitet werden, damit das Geld wieder reinkommt. Auf diese Art verteilt die betroffene Arbeiterin von sich zu sich selbst um. Ob die (erzwungene) Lohnsteigerung ihr das jedoch wert war?

3. "Die Erfahrungen in anderen Ländern belegen, dass der Mindestlohn keine negativen Auswirkungen hat."

Die Argumentation erfolgt nach folgenden Prinzip: Max hat einen roten Pullover. Max ist gut in der Schule. Wenn ich auch einen roten Pullover bekomme, dann bin ich auch gut in der Schule. Zweifellos blödsinnig, außer es gebe eine Theorie, mit der ich begründen könnte in welchen Zusammenhang ein roter Pullover mit den schulischen Leistungen steht. Aber wie ich bereits schrieb, konnte ich eine Theorie, die darlegt, warum bei Mindestlöhnen kein Nachteil für die Betroffenen entsteht, nicht finden.

Natürlich kann es sein, dass ein Mindestlohn keine negativen Auswirkungen aufweist, nämlich dann, wenn er unterhalb des Marktlohns liegt. Dann hat er nämlich gar keine Auswirkungen (abgesehen von dem bürokratischen Veraltungsaufwand und Politkern, die sich des sozialen Gesetzes wegen auf die Schulter klopfen).

Wie ich oben bereits schrieb, wäre eine Umverteilung der Kosten möglich - auf den Arbeitgeber, den direkten Kunden oder andere Personen in der Gesellschaft. Allerdings besagt die Erfahrung, dass, wenn Verzicht geübt werden muss, zuerst auf das verzichtet wird, was einem am wenigsten Wert ist. Und in Anbetracht der z.Z. gezahlten Löhne - die ja zumindest eine Vermutung über die Wertschätzung der Konsumenten zulassen - kann angenommen werden, dass eher Stellen im Niedriglohnbereich verschwinden werden, als das Managergehälter sinken.

In den angeführten Ländern (meist Großbritannien) wird der Mindestlohn ganz einfach unter dem Marktlohn liegen.

Weiteres

Es gibt noch weitere "Argumente" der Mindestlohnbefürworter, die jedoch weniger oft Verwendung finden und letztlich ebensowenig nachvollziehbar sind. Sollten diese Argumente vermehrt in den Vordergrund treten oder sollte dies gewünscht sein, werde ich auch diese hier diskutieren.

Matin


 

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letzte Änderung: 09.04.2007
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