Arbeit ist für alle da

Haben Sie schon gewusst? Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg! Sie hatten das schon irgendwie geahnt? Aber keine Angst, denn Sie wissen ja: Durch den aktuellen Bevölkerungsschwund werden ja wieder Arbeitsplätze frei. Ja echt! Obwohl: weltweit wächst ja die Bevölkerung und die Anzahl an Arbeit auf der Welt ist ja nun einmal begrenzt. Ach - und haben sie schon das allerneuste gehört? Eins plus eins ist vier!

Hi. Wie stehen Sie zu den obigen Aussagen? Klingen alle doch irgendwie nicht so ganz falsch oder? OK, der letzte Satz mit der Rechnung war billig, ja geradezu primitiv. Das war abgedroschen. Darauf haben Sie als erfahrener Leser polemischer Texte ja nur gewartet. Bitte schön!

Doch zurück zum Thema. Nein halt - ich will vorher noch eine Überlegung mit Ihnen teilen: Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass wir dazu neigen Zusammenhänge nicht mehr zu sehen? Ja, wir zerreisen sie regelrecht. Wir trennen sie in unserer Sprache voneinander und diese begriffliche Trennung führt dann anscheinend auch zur gedanklichen Trennung.

Als Beispiel hierfür möchte ich den Begriff der Freiheit anführen. Was haben wir nicht alles für Freiheiten. Wissen wir eigentlich, wie wir diese Freiheiten bekommen haben? Ja ja, da war was, irgendwas mit Aufklärung oder so. Ist das wichtig? Nein, für Geschichtsstudenten vielleicht, aber Otto-Normalbürger (der Normalo) kommt auch ganz gut ohne das zurecht. Musser ja nich' wissen. Jeht och so...

Ich will trotzdem mal kurz das Thema streifen. Warum mussten diese Freiheiten den nur erkämpft werden? Na ist ja wohl klar: Die Bösen da oben wollten es den Guten hier unten mal wieder nicht gönnen. Der Witz ist, dass es bei denen hier unten auch einige gab (und auch heute gibt), die sagten: Jebt den Pöbel mal nich' die Zügel in die Hand! Weil, die Überlegung war die folgende: Der Mensch ist an und für sich blöd - mal frei ausgedrückt - und nur die da Oben, was da war der Adel, die wussten wie der Hase läuft. Das lag denen quasi im Blut.

Und jetzt kamen die Aufklärer (und damit sind jetzt nicht die Leute gemeint, die den Kindern erklären wo die kleinen Tamagotschies herkommen) und sagten so etwas in der Art, wie: Der Mensch ist eigentlich ganz vernünftig - von Natur aus. Das war schon ein ziemlicher Hammer, denn daraus folgte, dass der vernünftig handelt und sehr wohl die Freiheiten bekommen kann, nach denen es ihn verlangte (oder auch nicht). Die Aufklärer behaupteten also, dass der mündige Bürger kein Schindluder mit seinen Freiheit anstellen wird. Er wird mit ihnen verantwortungsvoll umgehen.

Ja ja, liebe Leuts: "Verantwortung!" Verantwortung und Freiheit ist ein und das selbe. Zwei Begriffe für ein und die selbe Sache. Wenn ich jemanden Verantwortung übertrage, so gewähre ich ihm damit auch die nötige Freiheit, und gebe ich einem Menschen die Freiheit gewisse Dinge zu tun, so bürde ich ihm damit zugleich Verantwortung auf. Ich kann nicht Freiheiten genießen und gleichzeitig meine Verantwortung abstreiten. DAS GEHT NICHT! Und wenn ich will, dass mir irgendjemand diese ungeheure Verantwortung (für was auch immer) abnimmt, so folgt daraus ganz logisch der Verlust von Freiheit.

Ich habe jedoch sehr oft das Gefühl, dass dieser Sachverhalt nicht sehr bekannt ist. Z.B. wenn sich wieder ein Journalist, der objektiv betrachtet mal wieder Scheiße gebaut hat, mit folgenden Satz zu retten versucht: "Das ist halt Pressefreiheit." Ja, aber ich komme ja schließlich auch nicht auf die Idee, jeden der mir über den Weg läuft zusammenzupressen, nur weil ich die Freiheit dazu habe. Na - gemerkt? Wortwörtlich kann ich auch kommen. Zu verstehen was hinter den Begriffen steht, zeugt von geistiger Reife. Der Wink mit dem Zaunpfahl: Pressefreiheit heißt auch Presseverantwortung. Schönen Gruß von Kant und Co.

Doch zurück zum eigentlichen Thema. Ich wollte was über Wirtschaft los werden. Dort verfahren wir nach ähnlichen Prinzipien. So sieht der häufigste Gedankengang aus: Ein weiterer Mensch, ein weiterer Arbeiter, ein Arbeitsplatz zu wenig. Bestechend einfach. Mal so aus Neugier: Wann wurde der Arbeiter eigentlich vom Menschen getrennt? Seit wann ist der Mensch nur noch Produzent und nicht mehr Konsument? Kleiner Hinweis:

Es gibt immer genau soviel Arbeit wie es Menschen gibt.

Sofort verstanden oder irgendwie irritiert? Der Mensch arbeitet um zu leben. Wenn ich keinen Hunger hätte, wenn ich nichts benötigte, würde ich keinen Finger krumm machen. Ich will aber nun einmal Brot essen und Kleidung tragen. Und wer bäckt mir das Brot und schneidert mir die Kleidung? Na ich! Na gut, nun nicht direkt. Ich kloppe halt irgendwelchen Kram in den Computer, den mir dann der Bäcker abnimmt (den Kram, nicht den Computer) und mir dafür ein Brot gibt. Oder aber mein Produkt geistiger Umnachtung wird mir von dem Maler abgenommen, der gerade die Wohnung vom Bäckermeister gestrichen hat, von dem ich mir dann das Brot geben lasse. Wir können noch ein paar Glieder dazwischen hängen, aber das Prinzip bleibt das gleiche.

Um es mal auf den Punkt zu bringen: Der berühmte Ausländer kommt nicht nur zu uns, um hier zu arbeiten, sondern auch um zu essen, zu trinken, zu feiern und sich mit unseren Behörden herumzuschlagen. Wenn unser Freund also zu dem schon erwähnten Bäckermeister marschiert und gerne ein Brot hätte, dann sagt unser Bäckermeister: "Ja woher denn?" Womit er sagen möchte, dass er nicht aus Jux und Tollerei mal eben für jeden Brote bäckt. Also fragt unser freundlicher Gast, was er denn als Gegenleistung anbieten könne, worauf der Bäcker erwähnt, dass seine Wohnung mal wieder gestrichen werden muss, bzw. der Maler, der dies macht, dadurch ausgezahlt werden könnte, dass mal jemand was für ihn in den Computer reintippselt. Et' voilà, ein Arbeitsplatz wurde geschaffen.

Sollte jetzt der eine oder andere anmerken wollen, dass ich 5 Millionen Arbeitslose nicht einfach ignorieren kann, so sollte ich erwähnen, dass ich in den oben betrachteten Fall von gewissen Voraussetzungen ausgegangen bin, wie z.B. vollständigen Wettbewerb. Auf diese Voraussetzungen möchte ich aber dann in meiner nächsten Kolumne eingehen, wo wir die Frage beantworten, "warum Lohndumping gut ist."


 

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letzte Änderung: 15.03.2005
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