Die andere Seite bei mir

Nun ist sie endlich raus - die Kolumne. Das Thema beschäftigt mich schon seit einigen Wochen. Ich fing sogar schon an wichtige Punkte bezüglich des Themas zu vergessen - oder zu verdrängen. Da bin ich mir nicht sicher, denn sie werden sehen, es ist ein heikles Thema.

Alles begann damit, dass ich zum Geburtstag eines Franzosen eingeladen war. Ich war nicht der einzige Deutsche auf der Feier. Nach dem gemeinsamen Anstimmen von Happy Birthday bedankte sich der Franzose bei allen Anwesenden persönlich mit einer Umarmung und einem Kuß. Den meisten anwesenden deutschen Herren war das doch eher peinlich. Ein anderer Franzose sagte mir hinterher sinngemäß: "Die Deutschen Männer unterdrücken ihre Homosexualität. Jeder Mann hat eine homosexuelle Seite, die man nicht verdrängen brauch."

Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Natürlich stehe ich dem Thema Homosexualität nicht feindlich gegenüber, aber bis jetzt habe ich das immer als nicht zu mir gehörig betrachtet. Was bedeutet es aber, dass jeder Mann irgendwo auch homosexuell ist?

Einige Wochen später war ich mit einer bunt gemischten Gruppe (weiblich und männlich) auf Kneipentour in einer uns unbekannten Stadt unterwegs. Da wir schon irgendwie spät dran waren, suchten wir nicht lange nach einer idealen Location, sondern wählten die erst beste Bar als unseren Bestimmungsort. Mit solch einer großen Gruppe kann man eigentlich überall Spaß haben, egal wo man ist. Hauptsache ist, dass Musik läuft.

In der Bar lief auch Musik, sogar keine schlechte soweit ich mich erinnern kann. Merkwürdigerweise war doch der Herrenanteil in der Bar ziemlich hoch. Um es kurz zu machen und ehrlich zu sein - nach wenigen Minuten merkten wir, dass dies wohl ein Treff der Schwulenszene war. Nun stellen sie sich bitte nichts Krasses vor! Da liefen keine Leute mit Lederklamotten oder als Travestieten rum. Es waren alles ganz normale Menschen in einer ganz normalen Bar.

Erwartungsgemäß übernahmen wir das Pub in wenigen Minuten und verwandelten es in unsere eigene Disco. Das war so ein Selbstorganisationseffekt, schwer zu erklären. Schon bald nahmen einige der anwesenden Gäste die Gelegenheit war und fingen auch an ihr Tanzbein zu schwingen. Um es nochmal kurz zu machen, und die Kolumne ist sowieso schon viel zu lang, am Ende hatten sich die homosexuell orientierten Gäste mit unter uns gemischt und wir haben mit ihnen in der Gruppe getanzt.

Für mich war das eine merkwürdige Erfahrung. Es ist ja durchaus üblich in Discos in Gruppen von Kerlen zu tanzen. Da ist nichts homosexuelles dabei. Diesmal war es dann aber doch dabei. Für mich war das somit meine erste homosexuelle Erfahrung. Ich habe nicht vor dies zu vertiefen. Aber vielleicht sollte ich zu meinem nächsten Geburtstag zumindest alle meine Gäste umarmen und nicht nur die weibliche Besucherschaft.


 

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letzte Änderung: 01.11.2004
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