Forca Futebol

Zum furiosen Finale waren Hunderte von Menschen an der Großleinwand des Sony Centers in Berlin versammelt. Und ich war mittendrin. Mensch, es geht natürlich um Fußball. Wie, das EM-Fieber ist spurlos an euch vorüber gezogen? Wie seid ihr denn drauf? Ihr interessiert euch überhaupt nicht weiter für Fußball? Schade, also ich schon. Was ich daran so toll finde? Nun, Fußball ist einfach der Oberhammer. Es ist wirklich eine Leidenschaft, die bis in die kleinste Vene strömt. Das war schon immer so. Schon als kleiner Junge habe ich zusammen mit meinem Vater gegen das runde Leder getreten. Irgendwann wurde ich dann jedoch besser als er und er hat schließlich nicht mehr mit mir gespielt. Vielleicht lag es aber auch an der Blutgrätsche. Ich behaupte ja heute noch fest, damals den Ball gespielt zu haben. Also habe ich meinen kleinen Bruder rekrutiert. Der war allerdings noch viel fauler als ich und hat sich gleich mal ins Tor gestellt. Im Verein habe ich es dann auch zweimal probiert. Doch das war nichts für mich. Meine Mitspieler kamen wenig mit meiner Ballverliebtheit und meinem Eigensinn zurecht. Und ich nicht damit, mir von einem latenten Alkoholiker ohne jegliches Fußballfachwissen sagen zu lassen, was ich zu tun und zu lassen habe. So ist das wohl, wenn man mit so genannten Autoritäten nicht klarkommt. Außerdem fand ich es schon immer um Längen geiler, knapp am Tor vorbei zu schießen, als die Kugel im selbigen zu versenken. Was natürlich letztendlich wenig effektiv ist. Auch ist die Grundstimmung in Fußballvereinen überwiegend rechts außen. Ich persönlich scheiße auf nationale Kleinhirne, die den Fußball für ihren Lokalpatriotismus missbrauchen. Die dieses Medium dazu benutzen, ihren kleinen Krieg zu führen, um damit ihre jämmerliche Existenz zu definieren. Ebenso ist mir das Wort Stolz völlig fremd. Ich stehe immer auf die Mannschaft, welche den schönsten Fußball spielt. Ich bin schließlich ein Fußballästhet. Im Spiel, wie im Fernsehgenuss. Warum sollte ich mich auch groß an irgendwelchen Nationalitäten aufhalten? Ich bin doch selbst viel zu sehr international. Habe sowohl Schweden, Spanier, Polen als auch Franzosen im Stammbaum. Ich bin jedenfalls froh darüber, endlich Leute gefunden zu haben, die mich fußballtechnisch einfach mal machen lassen und sich nur unwesentlich über meine Spielweise aufregen. Obwohl das manchmal echt schwer sein muss. Ich bin halt ein Zauberer. Ich muss meinen Gegenspieler unbedingt verarschen. Etwas für ihn absolut unberechenbares veranstalten. Das ist meine persönliche Motivation. Klappt nun nicht immer. Doch manchmal schon. Und diese kleinen Momente sind dann wahnsinnig erhebende. Dies ist meine Faszination Fußball. Die Meisten von denen, mit denen ich spiele, kann ich wirklich gut leiden. Wen nicht, merkt man eindeutig an der Intensität der Aggression meines Zweikampfverhaltens heraus. Dadurch verdiene ich mir deren Respekt. Mittlerweile bin ich aber auch wahnsinnig gerne Torhüter. Sicher, als Torhüter muss man sich nicht so viel bewegen. Jedoch gibt es da noch eine andere Motivation. Denn als Torhüter ist man entweder der Held oder der Arsch. Es ist die absolute Schlüsselposition im Spiel. Sie entscheidet ein Match. Und wer ist nicht gerne ein Held? Außerdem kann man von dieser Position aus schön seine eigenen Leute zusammenscheißen. Das macht vielleicht Spaß, kann ich euch sagen. Wenn wir schon einmal dabei sind. Man kann übrigens gut auf Wesenszüge vieler Fußballer schließen, anhand der Position, die sie bevorzugen. Das ist eine wirklich fundierte Charakterstudie. So sind Angreifer meist auch im Leben sehr egoistisch. Im Mittelfeld unterscheidet man zwischen kämpfenden Wasserträgern und eleganten Schöngeistspielern. Abwehrspieler haben grundsätzlich ein eher absicherndes Gemüt. Und Torhüter? Nun, die meisten sind einfach nur durchgeknallt. Ich kann sagen, ich kenne mich wirklich aus im Fußball. Ja, das kann ich wirklich sagen. Ich weiß den Namen, die Nationalität und das Alter sämtlicher Bundesligaakteure und auch die der europäischen Spitzenklubs. Ihr fragt euch jetzt sicher, was wäre, wenn ich das Alles nicht wissen würde? Was, wenn ich meine Aggressionen nicht auf dem Feld ausleben könnte? Ich würde sagen, dann wäre gar nichts anders. Nur wäre mir dann noch viel langweiliger. Warum denn sonst sollte ich meinen Körper einem so enormen Verletzungsrisiko aussetzen? Forca Futebol!!!

Mac
 

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letzte Änderung: 09.07.2004
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