Die EntjungferungIch glaub das wollte ich schon immer mal tun. Ich denke wenn man eine Musikkritik schreibt, dann ist man auf irgendeinem Olymp angekommen - zumindest denkt man das von sich selbst. Stellen sie sich einfach vor ich bin so ein Typ mit schulterlangem Zottelhaar, Holzfällerhemd und Lederjacke sitzend zwischen Stapeln von LPs und CDs. Hinter mir liegt der Musik Express aus dem ich gerade ein Cover für eine Selbstgebrannte ausgeschnitten habe und natürlich der Aschenbecher müsste auch mal wieder geleert werden. Ich denk sie können schon riechen in was für einer Stimmung ich mich gerade befinde, deshalb springen wir gleich zum Hauptthema über!Mit dieser Musikkritik entjungfere ich mich sozusagen selbst auf dem Gebiet der Musikkritik. Damit auch ja kein Zweifel an meinem Eintritt in den Musikkritikerlebensabschnitt besteht, hab ich mir gleich 2 Musikkritiken vorgenommen. FahrstuhlmusikZunächst geht es mir um die Doppel-CD "Bar Lounge Classics Volume 3". Ich hatte lange überlegt ob ich mir einen Sampler kaufe, hab das seit Jahren schon nicht mehr getan. Der gute Musikkritiker besitzt schließlich alle Alben selbst und stellt sich seine eigenen Sampler zusammen. Nunja, ich habe die Abkürzung gewählt und denke, ich habe eine gut Abkürzung gefunden. Der Herausgeber dieses Samplers hätte ruhig ehrlich sein können und die CD "Fahrstuhlmusik Volume 3" nennen können. Aber mit einem deutschsprachigen Titel verkauft sich das sicher nicht so gut (oder noch schlechter)...Was erwartet man nun von so einer Zusammenstellung? Nun, eigentlich nicht viel. Im Idealfall plätschert die Musik so vor sich hin ohne dass man irgendein Highlight entdeckt. Ich denk das ist der Sinn von Fahrstuhlmusik, schließlich soll sie unter anderem in Fahrstuhlnotsituationen beruhigend wirken. Und ich kann wirklich mit gutem Gewissen sagen, dass die Zusammenstellung diese Kriterien vollständig erfüllt. Meine Freundin ist bei der Musik eingeschlafen und ich habe gar nicht mitbekommen, dass die CD schon wieder von vorne angefangen hatte. Zu keinem Zeitpunkt kam mir der Gedanke, dass jetzt aber gerade ein besonders guter/schlechter Titel läuft. Um ehrlich zu sein, mir ist eigentlich gar nicht aufgefallen das überhaupt Musik lief, obwohl ich ganz genau hingehört habe... Diese Doppel-CD kann ich also wärmstens empfehlen, zumal der Preis wirklich unschlagbar ist. So einen niedrigen Preis findet man leider selten und das obwohl die Produktion bestimmt extra preiswert ist. Denn die Stücke sind ja bereits aufgenommen und müssen nur neu zusammengestellt werden. Für einen guten Redakteur sicher eine Arbeit von wenigen Stunden. Und viel Geld ins Cover und Booklet wurde auch nicht investiert. Zumindest sieht das Cover so aus, als ob die Bilder einem Katalog für trendige Möbel entnommen wurden. Wie dem auch sei, der einzigste Kritikpunkt an der Zusammenstellung ist, dass die Titel nicht gemixt wurden und somit immer eine kleine Schrecksekunde zwischen den Titeln ist. Meine Freundin ist aber deshalb nicht aufgewacht, es ist also kein größeres Problem. Naja-HipHopKommen wir nun zu Kritik Nummer 2. Ich denk die wird etwas schwieriger, weil sicher viele kluge Leute schon dieses Album kritisiert haben oder es in den nächsten Wochen tun werden. Der Gegenstand dieser Musikkritik ist das aktuelle Album "Viel" von den Fantastischen Vier.Nun will ich nicht den geschichtlichen Hintergrund dieser Gruppe auswälzen (vermutlich gehört das an diese Stelle), aber es sei gesagt, dass von den Vier doch seit einiger Zeit nicht mehr viel kam. Natürlich waren da diese Solo-Ego-Projekte, aber reden wir nicht drüber. Das Album kommt mit 14 Titeln daher. Titel 1 und 14 kann man getrost überspringen, denn es sind eh nur O-Töne bzw. Konzertgeklatsche und wurden sicher nur mit auf die CD genommen, um die Spieldauer zu verlängern. Überhaupt frage ich mich, ob Musikproduzenten wissen, dass auf eine CD 74 Minuten und nicht knapp 60 Minuten passen. Zwei oder drei weitere flotte Titel hätten dem Album sicher gut getan. Als ich den 2. Titel namens "Bring it Back" das erste Mal hörte hatte ich schon Angst, dass die Fantas jetzt so einen Crossover Beastie Boys Rap machen. Auch hat am Ende die böse Sabrina (Schwester S - Badewassersaufenbabe) einen Auftritt. Ich dacht schon jetzt stürzt die Welt für manch engagierten HipHop'er zusammen. Aber ok, nachdem ich das Album nun mehrmals gehört habe kann ich Entwarnung geben und muss sagen, der Titel gehört zu den Besten auf dem Album. Titel 3 "Geboren" ist ganz pfiffig von den Reimen her, erinnert vom Reim her entfernt an MfG. Der Titel thematisiert wohl die Suche nach dem Sinn des Lebens. Ganz nett, vielleicht etwas langsam, aber trotzdem nicht schlecht. Als Titel 4 finden wir "Jede Generation". Der Sound ist merkwürdig (strange für alle Manager). Thema ist, wie der Titel schon sagt, die Ziele von Generationen und natürlich das Versagen jeder Generation. Auch kein schlechter Titel, aber hauptsächlich werden halt nur Standardgedanken zum Generationsproblem wiederholt. Interessant wird der Titel erst wenn man sich überlegt, ob der Titel vielleicht als Selbstkritik der Fantas gemeint ist... Mit Titel 5 "Pipis und Popos" kann ich momentan überhaupt nichts anfangen. Wiederum ein sehr langsamer Titel, sehr eigenwillig. Es könnte sein, dass der Titel das Zeug zum Kult hat aber auch nur dann, weil die anderen Titel dazu nicht taugen. "Leben zu Zweit" ist die Nummer 6 auf dem Album. Wieder ganz nett, aber irgendwie ist der Text nicht schlüssig. Thema ist wie in "Sie ist weg", aber bei Weitem nicht so fetzig. Außerdem ist das Stück wiederum zu langsam. Auch nervt es, dass es jetzt schon der 3. Titel mit einem Chorusrefrain ist. Titel 7 "Sommerregen" ist wohl die nächste Single-Auskopplung und da kann jeder bald selber hören, wie schlecht der ist. Klar, schöne Stimmung, aber ehrlich, für sowas gibt es doch andere Interpreten. Außerdem wurden solche Themen in alten Alben schon viel flotter verarbeitet. So ist es einfach nur Klischee - bedrückende Stimmung gleich bedrückende Stimmung im Titel. Es fehlt der Witz. Ich vermute in den letzten Jahren hatten die Vier viele gescheiterte Beziehungen. Vielleicht heißt das Album deshalb auch "Viel". Titel 8 "Ewig" ist nicht schlecht, aber jetzt schon der 3. Titel mit dem Beziehungskistenthema. Vielleicht hätte man die Titel anders auf dem Album verteilen sollen. Titel 9 "Keine Lösung" ist einfach nur peinlich. Ist sicher witzig gemeint, aber mit diesem blöden Reggaehintergrund kommt das nur dumm rüber. Im Titel 10 "Hey" werden die Folgen von Drogenkonsum thematisiert. Auch wiederum ein guter Titel, aber schon wieder zum einschlafen. Hinzu kommt, dass der größte Teil nicht von den Fantas gerappt wird, sondern von Jason Rowe. Will man einen weiteren Titel überspringen, dann kann man dazu getrost Titel 11 "Mein Schwert" wählen. Billiger Abklatsch von "Krieger", kommt aber an keiner Stelle ans Original ran. Den Titel hätten sich die Fantas sparen können. Titel 12 "Ruf die Polizei" ist wieder recht witzig und spritzig. Als Hintergrund dient der Vanille Ice Klassiker, der Text ist gut und man fragt sich, warum es von solchen Titeln nicht mehr auf dem Album gibt. Titel 13 "Troy" ist ja bereits bekannt und ein guter Titel. In manch anderen Kritiken kann man lesen, dass die Fantas reifer und erwachsen geworden sind. Wenn man ehrlich ist muss man aber sagen, sie sind einfach nur alt geworden. Es fehlt die jugendliche Spritzigkeit und Frechheit. Alle Titel sind solide und werden sicher die meisten Leute befriedigen - mehr aber auch nicht. Andererseits muss man positiv anrechnen, dass die Fantastischen Vier weiterhin ihren eigenen Stil haben und nicht versuchen irgendwelche bösen Gangstarapper zu sein. Von daher ist das Album ein Lichtblick auf dem deutschsprachigen Musikmarkt. |